Ort: Bus nach Curitiba
Zeit: 05.12. 11:45 Uhr
Wetter: bewölkt bei 30 °C
Heute ist nicht mein Tag. Erst kann ich mein Netbook nicht mehr starten, Bluescreen und ich befürchte schon das schlimmste (wenigstens hab ich ein aktuelles Backup meiner Fotos und die wichtigsten Daten, aber trotzdem wären einige neuere Daten verloren), aber ich habs dann doch noch hinbekommen. Und dann bekomme ich die Toilettentür im Bus nicht mehr auf. Es ist verdammt dunkel, heiß und irgendwas klemmt. Da machte sich schon leichte Panik breit, als es dann nach ein paar Minuten doch noch ging. Nun sitz ich hier und verdaue die beiden Schocks ;). Wo ist der Caipirinha wenn man ihn braucht?
Die Pechsträhne muss an Sao Paulo liegen, denn die Stadt ist einfach nicht meine. Groß (die größte Stadt Südamerikas mit knapp 20 Mio Einwohnern), laut und nicht sehr ansehlich. Es gibt nicht mal irgendwelche Sehenswürdigkeiten, nur hässliche alte Hochhäuser. Also alles was ich bisher gehört und erwartet habe, ist auch tatsächlich so eingetroffen.
Dazu hatte ich noch das schlechteste und teuerste Hostel auf meiner bisherigen Reise (für Sao Paulo aber dennoch ein ganz billiges). Es war vor Ort auch noch teurer als online. Genau wie die Busfahrt. Die kostet eigentlich 62 Real, die Dame wollte aber 68 von mir, obwohl auf dem Ticket auch nur 62 stehen. Das versteh wer will. Aber zurück zum Hostel. Das hatte Jugendherbergsstyle. Die Matratzen abwaschbar und man musste sie selbst beziehen (ist mir hier bisher noch nicht passiert), kein schöner Gemeinschaftsraum/-platz, alles ziemlich unpersönlich und das Frühstück war auch das schlechteste meiner bisherigen Reise (aber es geht sicher noch schlechter ;)), vielleicht sind die bisherigen Hostels aber auch nur überdurchschnittlich gut gewesen, denn dort stimmte wirklich alles. Immerhin war es sauber und die Angestellten hilfsbereit. Zum länger verweilen lud es aber eben nicht ein. Der einzige Pluspunkt gegenüber anderen Hostels war, dass man direkt mit der Metro hinkommt, ohne umsteigen, ohne Bus, sehr praktisch wenn man eh nur kurz bleiben will. Nur ca. 500 m laufen muss man noch (und das leider mit einem Hang).
So blieb ich auch nur 2 Nächte. Am 1. Tag (bzw. verbleibenden Restnachmittag) bin ich in den Ibirapuera-Park gegangen. Der ist zu Fuß nur 30-45 min vom Hostel entfernt und ist der größte Park Sao Paulos (160 ha). Designt von Oscar Niemeyer, der hier in Brasilien für viele Gebäude verantwortlich ist. Viel hab ich davon aber nicht gesehen, weil ich direkt zur Bienal-Kunstausstellung gegangen bin. Die ist dort gerade im Park in einem riesigen Museum (über 3 Stockwerke und die Halle an für sich ist schon Kunst) und findet alle geraden Jahre statt. Für 2-3 Monate und ist die wichtigste Ausstellung für moderne Kunst in Lateinamerika. Gezeigt wurden Fotos (mit sozialkritischem Hintergrund oder einfach nur Kunst), Filme (Szenen aus Südamerika ohne wirkliche Story), oder es wurden Sachen ausgestellt wie alte Kameras, mehrstöckige Bettenlager (getrennt durch dünne Stoffwände), oder etwas was wohl Kunst darstellen soll, mir sich aber nicht so wirklich erschließt ;). Z. B. ein großer Haufen Papier, usw. War nett anzusehen, hat nix gekostet, bueno. Am besten haben mir die Fotos gefallen. Die hab ich wenigstens verstanden ;D. Wegen der Ausstellung waren auch viele Schulklassen von Jung bis Alt gekommen, die mir in Scharen im Park entgegegen kamen oder zur selben Zeit die Ausstellung besuchten. Idyllisch war der Parkbesuch also nicht ;).
Auf dem Rückweg machte ich noch in einem kleinen Supermarkt Halt. Die Frau an der Kasse fragte mich irgendwas, ich verstand sie nicht richtig und meinte (auf Portugiesisch), dass ich kein Portugiesisch verstehe. Prompt stellte sie noch mehr Fragen, natürlich auf Portugiesisch. Und erzählte dass sie kein Englisch verstehe und fragte wo ich meine Unterkunft habe usw. Immerhin konnte ich ihr diese Sachen beantworten, ein kleines Erfolgserlebnis. Aber schon witzig, dass sie mit mir ein Gespräch auf Portugiesisch anfängt, wo ich ihr doch gerade erklärt hatte, dass ich es nicht verstehe ;).
Am nächsten Tag schaue ich mir die Stadt an. Wenn ich schonmal da bin, dachte ich mir …
Zunächst gehe ich dorthin, was man als historisches Zentrum bezeichnet. So richtig schön ist das aber auch nicht (bis auf den Bereich Praça Ramos Azevedo, auf den Bildern an dem vielen Grün zu erkennen). Die Gebäude sehen meist recht verfallen aus. Es gibt ein paar Kirchen, viele Banken und ganz viele Geschäfte. Es ist Vorweihnachtszeit und die Leute drehen durch. Dazwischen schreien noch ein paar Promoter, dass man in ihre Geschäfte gehen soll und es laufen etliche Goldankäufer in den Straßen herum. Alle auf einem Haufen, alle gleich gekleidet mit einem Schild “Compro Ouro”.
Außerdem fallen mir die vielen Obdachlosen auf. Nirgendwo sonst sehe ich so viele Menschen, die auf der Straße leben. An jedem schattigen Plätzchen liegen sie. Parkbänke gibt es so gut wie keine. Auf dem Platz Sé gar keine und sonst nur auf dem República-Platz und dem Praca Dom. José Gaspar. Das fällt mir deshalb auf, weil ich gerne zwischendurch einmal Rast mache bei solchen Stadtbesichtigungen. Und weil ich in den Straßen einen zuviel kriege. Die vielen Menschen, die Lautstärke … Ganz schöner Kontrast zu den beschaulichen Orten wie Paraty oder der Ilha Grande. Also fahre ich zur Entspannung zur Paulista Avenue. Der Prachteinkaufsstraße mit noch mehr Banken und Einkaufspassagen. Aber immerhin kein Gedrängel und keine schreienden Menschen. Dort steht auch das MASP (Museu de Arte de Sao Paulo), das größte Museum der Stadt (und Sao Paulo ist quasi die Kunsthauptstadt Südamerikas). Meine Füße brennen allerdings schon gewaltig vom vielen Laufen, also kein weiterer Museumsbesuch in Sao Paulo.
Und jetzt sitze ich im Bus nach Curitiba. Ich habe mal wieder das Glück, dass ein kleines Kind direkt vor mir sitzt. Und kleine Kinder quengeln und schreien mind. 50 % der Zeit, so meine Erfahrung, in meinem Fall also 3h, aaanstrengend. Ab und zu bekomm ich auch mal ein Spielzeugauto oder eine Dose zugeworfen (mit Absicht), was sich mit aufgeklapptem Rechner nicht so gut macht. Und die Eltern sagen nicht mal etwas. Auch nicht als ich zum 10. Mal das Auto nach vorn reiche. Als ich einmal nicht schnell genug das Auto vom Boden aufgehoben bekomme, schreit er wie am Spieß den ganzen Bus zusammen. Puh, meine Nerven.
Dazu sitzt neben mir ein Mann, der etwas zu groß für seinen Sitz ist. So sitz ich ziemlich eingequetscht die 6 h im Bus, denn die Frau vor mir (die mit dem kleinen Kind aufm Schoß bzw. meist im Rücken) hat ihren Sitz fast auf Liegeposition, aufrecht sitzen könnte ich gar nicht und das kleine Netbook krieg ich gerade so zwischen meinen Schoß und ihre Rückenlehne. Herrlich, ich liebe die Busfahrten jetzt schon.
Ein paar Tage darauf bekomm ich übrigens einige Couchsurfeinladungen zu Language-Meetings, CS-Meetings oder zu einer Sambatrainingsstunde. Schade, hätte den Besuch sicher aufgewertet, leider falsches Timing.
Zu der kompletten Fotogalerie: klick
OMG in der Bustoilette eingesperrt ist nicht spaßig, sowas ähnliches ist mir auch mal passiert.
Ja die Hochhäuser sind wirklich hässlich, ist mir bei deinen Fotos als erstes aufgefallen 😉
Und ohgott schreiende Kinder und eingequetscht, muss wirklich eine Horrorbusfahrt gewesen sein.
hehe, also ich finde ja die sehen auf den fotos sogar noch hübscher aus als in echt :D.
ja, die busfahrt war nicht so lustig, aber ich bin mir sicher es kommen noch viel schlimmere in ärmeren ländern wie bolivien und peru und dann lach ich über diese hier :D.