Ort: Bus nach Montevideo
Zeit: 28.12., 10:58 Uhr
Wetter: sonnig bei 32°C (wird aber noch wärmer im Laufe des Tages)
Uruguay. Sicher eines der Länder, wo die wenigsten eine Vorstellung von haben. Bis auf Fußball und La Vela Puerca hört man in Deutschland auch wenig von dem kleinen Land zwischen Brasilien und Argentinien. Es ist sogar das kleinste spanischsprachige Land in Südamerika und das drittkleinste überhaupt nach Suriname und Französisch-Guyana. Uruguay besteht vor allem aus der Pampa, einem großflächigem Weideland, wo die Gauchos Schafs- und Rinderzucht betreiben. Die wenigen Städte haben sich vor allem im Süden und Osten angesiedelt. Allen voran natürlich Montevideo, wo mit 1,5 Mio bei weitem die meisten Menschen leben. Beliebt bei den Argentiniern ist auch noch Punta del Este, ein Badeort mit vielen hässlichen Hochhäusern ;).
Auch viele Landsmänner hat es nach Uruguay gezogen. Angeblich etwa 10.000 Deutsche leben dort, ich habe keinen einzigen getroffen ;). Uruguay ist aber keinesfalls ein günstiger Altersruhesitz (wie etwa Paraguay), sondern mitunter sogar teurer als Argentinien (was auch schon teuer ist)! Und sie trinken sogar noch mehr Mate als die Argentinier ;).
Genug des Vorgeplänkels. Am 1. Weihnachtsfeiertag ging es für mich vom ziemlich ausgestorbenen Buenos Aires (Bericht folgt noch) mit der Fähre ins ebenso ausgestorbene Kolonialstädtchen Colonia del Sacramento in – nun ratet mal – Uruguay. Das war schon fast unheimlich wie leergefegt die Straßen waren.
Toll fand ich wie unbürokratisch die Grenzformalitäten erledigt wurden. Im Fährterminal (groß und modern wie die gesamte Hafencity von BsAs) saßen hinter eine Glasscheibe jeweils nebeneinander die argentinische und die uruguayische Grenzbeamtin. Nicht wie an der Grenze Brasilien – Argentinien wo man zwischendurch noch einen Bus nehmen muss weil die Häuschen soweit voneinander entfernt liegen ;). Das Gepäck musste man wie am Flughafen einchecken und wurde auch wie am Flughafen auf einem Gepäckband angeliefert. Schick. Die Fahrt selber war ziemlich unspektakulär. Leider habe ich zu spät gelesen, dass es eine tolle Alternative gegeben hätte. Durch das Tigredelta (wollte ich sowieso von Buenos Aires aus als Tagesausflug machen) von El Tigre (1 h entfernt von BsAs) nach Caramelo (etwa 1 h von Colonia). Ist schöner und günstiger, argh. Naja, zu spät, hab beide Fährfahrten schon im voraus gebucht wegen der Hochsaisonpreise- und auslastung.
In Colonia angekommen habe ich erstmal eine halbe Stunde in der sengenden Hitze (35°C im Schatten) mein Hostel gesucht weil mich jemand zu weit geschickt hatte. Uncool. Die historische Altstadt (Weltkulturerbe) ist dann schnell in der 2. Nachmittagshälfte angeschaut. Sie schaut zwar wirklich hübsch aus, aber Paraty hat mir besser gefallen :). Auch wenn hier mehr Leben herrscht und die Stadt schon ihren Reiz hat.
Am Abend findet im Hostel ein Asado (Grillabend/Barbecue) statt, da bin ich natürlich dabei. Nur mein Magen konnte sich noch immer nicht an die späten Essenszeiten gewöhnen. Und da haben wir mit 22 Uhr noch Glück gehabt. Später geh ich mit ein paar Mädels aus Österreich und der Schweiz in der Altstadt was trinken und um uns herum sind alle noch am Essen, ups. Auch wir bekommen erstmal die Speisekarte vorgesetzt. Da war es schon Mitternacht. Sie erzählen mir auch dass sie am Vorabend weg waren und erst um 3 Uhr nachts füllte sich der Club langsam. Angeblich ist das auch unter der Woche so. Wann arbeiten die Leute hier eigentlich?
Tags darauf wollte ich mir ein Fahrrad leihen und ein wenig die Küste entlang fahren. Dummerweise hab ich gleich eins aus dem Hostel genommen. Zunächst denk ich noch: ok, ist ein bisschen rustikal, aber du bist ja hier in Uruguay, wo noch die Oldtimer auf der Straße entlang fahren. Nach 500 m will ich das Rad aber am liebsten zurückgeben. Bremsen funktionieren nur halbwegs, der Rahmen ist zu klein, der Sitz zu niedrig (ließ sich aber schon im Vorfeld nicht weiter noch oben verschieben), das Rad viel zu schwer und mit einem ungünstigen Schwerpunkt zur Seite und noch vorn. Außerdem hat es wohl schon ein paar Jahre kein Öl mehr gesehn und qietscht vor sich hin bzw. lässt sich schwer treten. Ich habe also einen schrottreifen Panzer erwischt. Warum ich es nicht zurückgegeben habe, weiß ich auch nicht, aber weit bin ich nicht gekommen. Nach etwa 4 km fallen die Pedale auseinander und ich kann nicht mehr fahren. Zum Glück ist gleich nebenan ein Strand, so dass der Weg zumindest nicht umsonst war. Nur die Stunde in der sengenden Sonne nach Hause schieben hätte ich mir gern erspart. Wenigstens hab ich das Geld anstandslos zurückbekommen. Und konnte auf dem Weg die Traditionen der Uruguayer beobachten. Viele hatten ihren Grill dabei und jede Menge Rindfleisch ;). Dazu noch Matetee und das Klischee ist perfekt.
In Colonia bin ich auch zum ersten Mal einer Kakerlake begegnet. Als ich morgens die Badtür öffne, guckt mich das Tierchen entzückt von der Seite an. Da es ja nix dafür kann dass es bei uns Menschen so eine schlechte Reputation hat, lasse ich es am Leben. Freundlicherweise beschließt es auch für eine Weile an Ort und Stelle zu bleiben. Erst später kann ich die Kletterkünste an den Wandfließen bestaunen. Aber sonst war das Hostel ganz nett :D. An einem Abend spielte sogar eine kleine Band. Als “Electric Tango” wurde es angepriesen. Gefiel mir gut.
Am dritten Tag wollt ich eigentlich eine Estancia, eine Gaucho Farm, besuchen. Aber ich höre die Enttäuschung von einer anderen Reisenden, die das Angebot vom Hostel tags zuvor wahrgenommen hat und verzichte darauf. Die Estancia besteht nur aus einem Pferd und sonst nix weiter als eine Ausstellung von Kugelschreibern (was als Guinessbuch der Rekorde-Museum angepriesen wurde). Also nicht das, was man sich von einer Estancia verspricht (eine große Farm mit vielen Pferden usw.). Eine Alternative in der Nähe finde ich leider nicht. So warte ich bis die Sonne nicht mehr so intensiv scheint (genau wie die Uruguayer, die man auch erst am Abend sieht) um nochmal einen 2. Spaziergang durch die Stadt zu unternehmen und auch ein paar Nachtaufnahmen zu machen. Ich probiere auch ein Chivito, das ist hier sowas wie ein Nationalgericht. Man kann sich darunter einen Hamburger mit Rindfleisch, Käse, Schinken und Spiegelei (!) vorstellen. Da ich kein Fan von Spiegelei bin, ist das nicht ganz mein Fall. Immerhin ist er aber günstig. 45 urugay. Pesos. Knapp etwas über 1 €.
Am Abend sieht man auch überall Angler (die Altstadt ist in 3 Richtungen umgeben vom Rio de la Plata), was der Kulisse einen charmanten Touch gibt. Es ist gerade so viel los dass die Altstadt nicht ausgestorben wirkt, aber es ist auch nicht zu viel Trubel. Touristen und Einheimische vermischen sich sehr gut. Resümee: ich mag Colonia. Mal schauen wie mir Montevideo gefällt. Dank Fehlplanung bin ich leider in beiden Orten etwas zu lang und schaffe es dank unmöglicher Busfahrzeiten nicht mehr bis an die viel schönere Ostküste :(.
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